13. März 2024

Wo liegt die Zukunft der Mitarbeiterbeteiligung?


Einen Vergleichstest zwischen den verschiedenen Modellen der Mitarbeiterbeteiligung hatte Business Angels Deutschland e.V. (BAND) für sein diesjähriges BANDexpertforum angekündigt. Ausgangspunkt waren die steuerlichen Regelungen des Zukunftsfinanzierungsgesetzes, das eine Lösung in der Dry-Income Problematik insofern gebracht hat, als der Vermögensvorteil durch die Mitarbeiterbeteiligung nicht im Kalenderjahr der Übertragung der Besteuerung unterliegt, sondern erst bei Eintritt eines Nachversteuerungsereignisses, zum Beispiel eines Exits.

Demgegenüber ist das bislang in Deutschland übliche Modell der virtuellen Mitarbeiterbeteiligung (VSOP), so Rechtsanwalt Dr. Erik Ehmann, Ehmann & Ehmann Rechtsanwälte, in dieser BAND Online-Veranstaltung, zwar insgesamt ein bequemes und gut handhabbares Instrument, jedoch steuerlich nachteilig, weil erhebliche Beträge an Lohnsteuer anfallen können. Das Unternehmen selbst muss bei VSOP auf sorgfältige Handhabung und Dokumentation achten, sonst drohen Schwierigkeiten bei der Abwicklung im Exit-Fall.

Das Zukunftsfinanzierungsgesetz hatte hingegen in erster Linie die Form der offenen Mitarbeiterbeteiligung im Blick. Die in diesem Rahmen neu geschaffenen Regeln § 19a EStG bringen tatsächlich erhebliche steuerliche Vorteile gegenüber dem VSOP Modell, wie Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Jens Wrede, Osborne Clarke, an einem Beispiel erläuterte.   Allerdings muss man nicht unbedeutende Fallstricke bedenken. Der lohnsteuerpflichtige Vermögensvorteil für die Mitarbeiter muss im Falle einer offenen Beteiligung bewertet werden, was rechtlich verbindlich im Rahmen einer Lohnsteueranrufungsauskunft erst nach Übertragung der Vermögensvorteile möglich ist. Auch können im Einzelfall auf den Arbeitgeber Haftungsansprüche der Finanzverwaltung zukommen und umgekehrt könnte die Dry-Income Problematik für Mitarbeiter doch zurückkehren, wenn der Arbeitgeber insolvent wird und hiergegen nicht Vorsorge getroffen wurde.

Für Investoren wenig erfreulich ist, dass sich mit der offenen Mitarbeiterbeteiligung der CapTable stark vergrößert. Zwar wäre es möglich, stimmrechtslose Anteile auszugeben, die Informationsrechte und Teilnahmerechte von Gesellschaftern sind jedoch im Kern unentziehbar. Diese Problematik lässt sich durch Bildung einer Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaft (GmbH & Co. KG) lösen (Rechtsanwalt Benedikt Hülsmann, Osborne Clarke), ist wegen des Aufwands jedoch nur für größere Start-ups, die bereits in der Wachstums- oder Pre-IPO-Phase sind, sinnvoll.

Treten neue Mitglieder in das Management eines Start-ups ein, ist es meist von beiden Seiten erwünscht, dass sie auch Gesellschafter werden. Um in diesen Fällen die Dry-Income Problematik zu vermeiden, wird zunehmend das Instrument der Growth Shares, auch als Hurdle Shares oder negative Liquidationspräferenz bezeichnet, genutzt. Im Ergebnis bedeutet dies, dass beim Exit nur der Wert der Anteile angesetzt wird, der erst nach dem Erwerbszeitpunkt entstanden ist und nur dieser kommt den Mitarbeitenden zugute. Dieses Verfahren hat sich bewährt, ist allerdings mit erheblichem Aufwand verbunden (Rechtsanwältin Dr. Gesine von der Groeben, Dentons).

Da sich § 19a EStG generell auf Vermögensbeteiligungen bezieht, wozu auch Genussrechte zählen, schlug Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Weitnauer, Weitnauer Rechtsanwälte vor, statt einer offenen Beteiligung eine Mitarbeiterbeteiligung über Genussrechte zu wählen. Dies habe den Vorteil, dass die Bewertungsfrage unproblematisch sei, weil Genussrechte zum Nennwert bewertet würden, und keine Governanceprobleme durch Gesellschaftsanteile der Mitarbeiter entstünden. Bei Einhaltung bestimmter Grenzen lässt sich das Genussrecht auch ohne Formalitäten verbriefen beziehungsweise tokenisieren und damit handelbar machen (Robert Jeggle, geb. Menzel, Aquaty GmbH).

Wie haben nun die Modelle nach Meinung der Betroffenen im Vergleich abgeschnitten? Die Business Angels Nikolaus D. Bayer, BeAI GmbH, (der die Veranstaltung angeregt hatte und auch in sie einführte) und Dr. Jörg Stein, M&P Unternehmensberatung GmbH, sowie der Start-up Vertreter Matthias Karger, node.energy GmbH, waren sich erstaunlich einig: Das Genussrechtsmodell möchte man ausprobieren und für das Management seien Growth Shares sinnvoll.

Fazit von BAND: Es wird in Zukunft ein wenig experimentiert werden und davon wird abhängen, ob VSOP wirklich ausgedient hat. Die offene Beteiligung für eine größere Anzahl von Mitarbeitern dürfte am ehesten bei schon länger etablierteren Start-ups Chancen haben.