20. Februar 2015

“US-amerikanische Start-ups setzten auf schnelles Wachstum”

Zum dritten Porträt aus der Reihe unserer BANDlisting Angels sprachen wir mit Florian Huber, Gründer und CEO der united-domains AG.HuberHeader

Zunächst einige allgemeine Fragen: Seit wann sind Sie als Business Angel aktiv und wie sind Sie dazu gekommen, in Start-ups zu investieren?

Ich bin seit dem Jahre 2008 als Business Angel aktiv. Die Frage nach dem „Warum“ sollte immer am Anfang stehen. Warum ist man überhaupt als Business Angel tätig und investiert viel Geld und viel Zeit?
Generell gibt es wohl drei Gründe für Angel Investing:

  1. Geldanlage: Das Investment in Startups ist eine Form der Geldanlage. Die Risiken sind entsprechend hoch, aber natürlich auch die Renditechancen. Je nach persönlicher Lebenssituation kann es also Sinn machen, einen (kleinen) Teil seines Vermögens in die Assetklasse „Start-ups“ zu investieren.
  2. Spaß: Ein zweiter Grund ist der Spaß an der Tätigkeit selbst. Viele erfolgreiche Unternehmer haben einfach Freude daran, ihr Wissen und ihre Erfahrungen an die nächste Generation junger Gründer weiterzugeben.
  3. Philanthropie: Manche Business Angels sind eher philanthropisch motiviert; bei ihnen steht der Wunsch, mit dem eigenen Geld „etwas Gutes zu tun“, im Vordergrund. Die Aussicht auf eine mögliche Rendite spielt eine untergeordnete Rolle. Man investiert in Projekte und Ideen, die eine „bessere Welt“ versprechen.

Für mich stehen die ersten beiden Gründe im Vordergrund: Mir macht es selbst sehr viel Spaß, jungen Gründerteams zu helfen, aus einer anfänglichen Idee ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen. Wenn ich am Ende dabei auch noch eine Rendite auf mein investiertes Kapital erzielen kann, ist das natürlich umso besser!

Haben Sie einen Branchenfokus bei Ihren Beteiligungen? Steht dieser in Zusammenhang mit ihren beruflichen Erfahrungen vor/neben Ihren BA-Aktivitäten?

Ja, mein Fokus sind digitale Geschäftsmodelle (b2c, b2b). Auch beim Angel Investing gilt natürlich der Grundsatz, dass man nur in Dinge investieren sollte, die man selbst auch versteht. Nur wenn ich selbst entsprechendes Verständnis für das Geschäftsmodell habe, kann ich den Gründer mit Rat & Tat zur Seite stehen. Auch mein Netzwerk besteht überwiegend aus Leuten aus der digitalen Wirtschaft. Da macht es für mich einfach wenig Sinn, zum Beispiel in ein Biotech-Startup zu investieren, selbst wenn das pitch deck sehr vielversprechend aussieht und ich vielleicht dadurch auch mal einen guten Deal „verpasse“.

Auf welche Weise lernen Sie Start-ups kennen? Verlassen Sie sich auf Ihr persönliches Netzwerk oder beschreiten Sie andere Wege?

Wie bei den meisten Business Angels ist auch meine wichtigste Quelle für den Dealflow das persönliche Netzwerk. Das sind vor allem andere Angels aber auch die Gründer von Start-ups, in denen ich aktuell bereits investiert bin.
Eine gute Quelle, um Start-ups zu finden, die aktuell auf der Suche nach Kapital sind, sind Online-Plattformen wie venturate.com (für den deutschen Markt) und für den US-Markt gust.com und angellist.com.
Ansonsten gibt es natürlich zahllose nationale und internationale Events, auf denen sich die Start-up-Szene trifft. Dort spreche ich interessante Gründerteams direkt an oder werde eben angesprochen.
Meine Erfahrung zeigt mir, dass das ganze aber noch wie vor ein Anbieter-Markt ist: es gibt viel mehr Startups, die Geld suchen, als dass es Investoren gibt. Die meisten Startups, die aktiv Risikokapital suchen, gehen leer aus. Aber auch wer kein Kapital von Business Angels bekommt, sollte nicht aufgeben, sondern Alternativen prüfen, zum Beispiel bootstrapping, friends & family oder öffentliche Fördertöpfe.

Welche Qualitäten muss ein Gründerteam mitbringen, um Sie zu begeistern und von einem Investment zu überzeugen?

Für mich ist der wichtigste Punkt die Integrität und Authentizität der Gründer. Wenn ich jemanden mein eigenes (hart verdientes) Geld anvertraue, erwarte ich Offenheit, Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und harte Arbeit der Gründer für den gemeinsamen Erfolg. Wenn es hieran die geringsten Zweifel gibt und die Gründer diese Values nicht mit mir teilen, bin ich nicht dabei. Jedes Start-up kann schief gehen (das ist sogar der Normalfall), aber wenn es schiefgeht aufgrund irgendwelcher Spielchen und einem nicht 100%igem Commitment der Gründer ist es doppelt ärgerlich.
Ich investiere nicht in Startups mit nur einem Gründer. Ideal sind zwei bis vier Gründer mit unterschiedlichen Talenten, Background und Erfahrungen. Mindestens ein Gründer muss einen technischen Hintergrund haben. Natürlich kann das Team auch aus Gründerinnen bestehen. Davon gibt es leider aber sehr wenige.
Bei einem Startup im Digital-Bereich besteht mein dream team aus einen Software-Entwickler, einem Designer/UX-Experten und einem Kaufmann (Marketing, Sales, Finanzen).

Sie haben auch bereits in US-amerikanische Start-ups investiert. Würden Sie einen grundsätzlichen kulturellen Unterschied zwischen amerikanischen und deutschen Gründern ausmachen?

Zwischen US-amerikanischen Gründern und deutschen Gründern gibt es meiner Erfahrung nach erhebliche kulturelle Unterschiede. Folgendes fällt mir immer wieder auf: Etwas pauschaliert gesagt, denken amerikanische Start-ups von Anfang an in größeren Dimensionen („think big“) und setzen vor allem auf schnelles Wachstum. Die Themen break-even und Profitabilität sind eher zweitrangig. In erster Linie geht es um Wachstum und Marktanteile, wohl auch deshalb, da amerikanische Startups mit entsprechenden Wachstumszahlen (z.B. bei Pageviews, Usern, Interaktionen, Umsatz) ohne große Probleme Anschlussinvestoren für weitere Finanzierungsrunden finden können.
Das ist in Deutschland anders: hier versuchen Gründer oftmals möglichst früh den break-even zu erreichen, um von weiteren Kapitalgebern unabhängig zu werden, da selbst bei einer guten traction eine Anschlussfinanzierung (Series A, B, C…) schwierig werden kann. Wohl auch deshalb entstehen in Deutschland in der digitalen Wirtschaft keine wirklichen Global Player wie Facebook, Google, Amazon oder Apple.

Zum Abschluss eine Frage zum Business Angel Ecosystem in Deutschland: Was gefällt Ihnen gut und was muss sich Ihrer Ansicht nach in der Frühphasenfinanzierung ändern?

Als ich Anfang 2000 – zusammen mit Studienkollegen – mein erstes Unternehmen gegründet habe (finanziert von Business Angels), war der Begriff „Business Angel“ in Deutschland mehr oder weniger unbekannt. Außerdem gab es nur wenige Leute, die überhaupt als Angels aktiv waren. Das hat sich in den letzten Jahren doch erheblich geändert: Auch in Deutschland gibt es mittweile deutlich mehr Angel Investoren, die Start-ups unter die Arme greifen.

Aus meiner Erfahrung gibt es aber leider auch immer mehr „falsche Engel“, die nicht wirklich Geld in Start-ups investieren, sondern sich für irgendwelche „Dienstleistungen“ (Beratung, Coaching, etc.) entsprechende Unternehmensanteile abtreten lassen. Start-ups, die bereits großzügig Equity an Consultants, Anwälte oder Agenturen verteilt haben, streiche ich von meiner Liste. Warum sollte ich Cash investieren (zu einer 7-stelligen Bewertung!), wenn andere einfach so Equity bekommen haben? Dass ich als Angel Investor – neben meinem Cash-Investment – selbst umfangreiches Mentoring betreibe und mit meinem Netzwerkkontakten helfe, ist selbstverständlich. Andernfalls würde ich mich nicht „Angel“ nennen.

Bei den regulatorischen Rahmenbedingungen in Deutschland ist der im Jahre 2013 eingeführte „INVEST – Zuschuss für Wagniskapital“ sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Die geplante Besteuerung von Streubesitzbeteiligungen („Anti-Angel-Gesetz“) hingegen führt tendenziell zu einer Benachteiligung von privaten Angel-Investoren gegenüber VC-Gesellschaften und ist natürlich alles andere als hilfreich.

Über Florian Huber:

Florian Huber ist Gründer/CEO des Domain-Registrars united-domains AG (mittlerweile Teil der 1&1-Gruppe). Er ist Mit-Gründer des Immobilienportals neubau kompass AG und seit 2008 zudem als Angel Investor in deutsche und US-amerikanische Internet-Startups tätig. Florian Huber hat einen Abschluss als Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth) und lebt mit seiner Familie im Süden von München.

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Mit Florian Huber sprach BAND Projektmanager Matthias Wischnewsky

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