26. Juli 2017

Stirbt das Wandeldarlehen den Steuertod?

Essen, 26.07.2017

Bayerische Finanzverwaltung strebt Steuern auf „Wertzuwachs“ bei Wandlung an

Verband der Business Angels schlägt in Schreiben an Aigner und Söder Alarm

Sehr besorgt zeigt sich Business Angels Netzwerk Deutschland (BAND), der Verband der Business Angels und ihres Ecosystems, wegen eines Kurswechsels der bayerischen Finanzverwaltung, insbesondere des Finanzamtes München, bei der Besteuerung von Wandeldarlehen. In einem Schreiben an die bayerischen Minister Aigner und Söder befürchtet der Verband das Aus für das beliebte Wandeldarlehen als Finanzierungsform von Start-ups durch Business Angels.

„Entgegen der bisher allgemein in Deutschland geltenden steuerrechtlichen Auffassung sieht das Finanzamt München in der Wandlung eines Wandeldarlehens einen steuerlich relevanten Vorgang,“ heißt es in dem Schreiben, dem eine Beispielsrechnung angefügt ist. Daraus folge, dass im Falle der Wandlung des Darlehens in Eigenkapital ca. 30 % Steuern auf den sog. Wertzuwachs erhoben werden, obwohl dem bisherigen Darlehensgeber und neuen Anteilsinhaber keinerlei Mittel zuflössen und der Buchwert dieser Anteile im weiteren Zeitverlauf bis zum Exit auch wieder sinken könne.

Diese neue steuerliche Bewertung des Wandeldarlehens soll immer dann gelten, wenn der Angel neben dem Wandeldarlehen schon Anteile gemäß § 17 EStG besitzt (also Anteilsbesitz >= 1 Prozent) oder eine GmbH/UG das Wandeldarlehen gibt, was die Regelfälle darstellt, zumal Angels fast nie weniger als 1 Prozent der Anteile halten. Die Begründung für diesen Kurswechsel, es liege im Falle der Wandlung eine Art Tausch vor, hält BAND Vorstand Roland Kirchhof für lebensfremd und konstruiert.

Wandeldarlehen (convertible notes) haben sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Finanzierungsinstrument von Start-ups, nicht nur durch Business Angels, entwickelt. Der High-Tech Gründerfonds nutzt dieses Instrument sogar als Standard. Gründe sind der Zeitfaktor und die relativ geringe Komplexität gegenüber der unmittelbaren Beteiligungsfinanzierung sowie, dass die Bewertung des Unternehmens hinausgeschoben werden kann bis sie elegant mit der nächsten Finanzierungsrunde verknüpft wird. Besonders häufig kommt das Wandeldarlehen zur Anwendung als Brückenfinanzierung, wenn die nächste Finanzierungsrunde nicht schnell genug durchgeführt werden kann und das Unternehmen Gefahr läuft, ohne diese „Brücke“ in einen Liquiditätsengpass zu laufen.

Wegen der großen Bedeutung von Wandeldarlehen hat das Bundeswirtschaftsministerium bei der Neufassung der Richtlinien zum INVEST Zuschuss ab 01.01.2017 Wandeldarlehen ab Wandlung zuschussfähig für den 20-prozentigen „INVEST Erwerbszuschuss“ gemacht. BAND hat gemeinsam mit dem Bundesverband Deutsche Startups eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die einen Standardtext für Wandeldarlehen erarbeitet, um die Arbeit mit dieser Finanzierungsform noch unkomplizierter zu machen und der Bedeutung des Wandeldarlehens für die Start-up Finanzierung gerecht zu werden.

Sollte sich die Auffassung der bayerischen Finanzverwaltung, der dem Vernehmen nach auch Hessen folgt, bundesweit durchsetzen, würde dies das Aus für die Start-up Finanzierungsform Wandeldarlehen bedeuten, befürchtet BAND Vorstand Roland Kirchhof. „Wenn das Wandeldarlehen den Steuertod stirbt, wird dies wieder einmal zu Nachteilen Deutschlands im europäischen und weltweiten Vergleich führen.“

Eine Beispielsrechnung ist angefügt: PDF