10. Januar 2014

Investitionszuschuss Wagniskapital (IVZ) – Steuerrechtliche Aspekte aus der Sicht von Investoren und Start-ups

Problem: Steuerliche Behandlung des Zuschusses?
Während die internationalen Vorbilder für die Wagniskapitalförderung typischerweise auf Steuergutschriften für Investoren abzielen, hat man sich beim IVZ für einen direkten Zuschuss entschieden. Hintergrund dürfte sein, dass sofort fließende Zuschüsse aus Investorensicht attraktiver sein dürften als erst in der Zukunft wirkende Steuervorteile. Problematisch erscheint allerdings, dass es zur Frage der steuerlichen Behandlung des IVZ, soweit ersichtlich, keine offiziellen Verlautbarungen der Finanzverwaltung oder gar steuergesetzliche Regelungen gibt.

Auf Basis der Förderbedingungen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) spricht nach den allgemeinen Rechtsprechungsgrundsätzen zu Zuschüssen einiges dafür, dass der IVZ aus steuerlicher Sicht als echter, bedingt rückzahlbarer, einmaliger Zuschuss zu qualifizieren sein dürfte. Vor diesem Hintergrund lassen sich zwei Alternativen unterscheiden:

Alternative (1): Investment im steuerlichen Betriebsvermögen
Ein Investment im steuerlichen Betriebsvermögen liegt vor, wenn z.B. der Business Angel als gewerblich tätige natürliche Person oder über eine Business Angel GmbH investiert. In diesem Fall dürfte sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz ein Wahlrecht bestehen, wonach der Zuschuss

  • entweder erfolgsneutral durch Kürzung der Anschaffungskosten auf die Beteiligung (beachte aber später ggf. höherer Exit-Erlös!) oder
  • erfolgswirksam als sonstiger betrieblicher Ertrag (z.B. zur Nutzung von Verlustvorträgen)

vereinnahmt werden kann.

Eine unterschiedliche Strategie in der Handels- und der Steuerbilanz wäre dabei grundsätzlich zulässig (z.B. höheres HB-Jahresergebnis bei gleichzeitiger Steuerstundung; ggf. aber Bilanzierung latenter Steuern erforderlich!).

Die Steuerbelastung dürfte sich daher grundsätzlich wie folgt darstellen (stark vereinfacht und überschlägig, u.a. bzgl. Einkommensteuer Annahme Spitzensteuersatz von 45%, ohne Kirchensteuer):

Tabelle 1

Alternative (2): Investment im steuerlichen Privatvermögen
Problematischer erscheint die Besteuerung eines Investments im Privatvermögen:
Denkbar wäre, den Zuschuss als steuerbare Einnahme, etwa im Rahmen der Kapitaleinkünfte, zu behandeln. Dagegen spricht aber generell, dass der Zuschuss nicht am Markt „erwirtschaftet“, sondern aufgrund der Erfüllung formaler Vorgaben einer Richtlinie des BMWi ausgezahlt wird. Zudem erscheint fraglich, welcher konkrete gesetzliche Einkünftetatbestand hier erfüllt sein sollte.

Aufgrund des wirtschaftlichen Zusammenhangs naheliegender erscheint es, den Zuschuss als Minderung der Anschaffungskosten auf die Beteiligung zu erfassen. Zumindest vereinzelte Stimmen in der Finanzverwaltung scheinen dieser Auffassung zuzuneigen.

Die Annahme eines Wahlrechts analog der Behandlung im Betriebsvermögen erscheint im Privatvermögen eher fernliegend. Zumindest eine entsprechende Klarstellung der Finanzverwaltung wäre hier aber geboten.

Hinsichtlich der Steuerbelastung dürfte im Privatvermögen grundsätzlich von Folgendem auszugehen sein (stark vereinfacht und überschlägig, u.a. bzgl. Einkommenssteuer Annahme, Spitzensteuersatz von 45% ohne Kirchensteuer):

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Restrisiken und praktische Handlungsempfehlungen
Hinsichtlich der steuerlichen Behandlung des IVZ sind daher derzeit noch verschiedene Fragen offen. Etwa auch die steuerlichen Folgen eines Verstoßes gegen die Mindesthaltedauer von drei Jahren sollten klargestellt werden (z.B. Bilanzberichtigung und Änderung von Steuerbescheiden wegen rückwirkenden Ereignisses (§ 175 AO) im betrieblichen Bereich? Folgen im privaten Bereich?). Wünschenswert wäre zudem eine Bestätigung, dass der Zuschuss mangels Freigebigkeit jedenfalls nicht der Schenkungsteuer unterliegt.

Vor diesem Hintergrund bleibt Investoren und Unternehmen vorläufig zu empfehlen, sich rechtzeitig mit dem zuständigen Finanzamt abzustimmen (ggf. auch im Wege der Einholung einer verbindlichen Auskunft vor Umsetzung des Investments). Der Zuschuss sollte in der Steuererklärung des Zuschussjahres dokumentiert und ggf. als steuerfreie Anschaffungskostenminderung behandelt werden (ggf. entsprechende Gewinnerhöhung bei späterem Exit!). Bis zur Klärung der Rechtslage sollten vorsorglich ggf. auch Rechtsbehelfe gegen betreffende Steuerfestsetzungen eingelegt werden.

3. Fazit
Während die rechtlichen Eckpunkte des IVZ weitgehend „festgezurrt“ sind, ist die steuerliche Behandlung des Zuschusses derzeit noch nicht abschließend geklärt. Im Sinne des verfolgten Förderungszwecks und zur Vereinheitlichung der Behandlung des Zuschusses im Betriebs- und Privatvermögen wäre etwa die Einführung eines gesonderten sachlichen Befreiungstatbestandes (z.B. in § 3 EStG) sachgerecht und ein für die Branche wichtiges Signal.

4. Wichtiger Hinweis
Die Inhalte dieses Artikels wurden zum Zwecke der allgemeinen Information und mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt. Allerdings sind stets die Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen, so dass eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzt werden kann. Im Übrigen können Veränderungen eintreten, etwa mit Blick auf die Rechtslage. Eine Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität, kann daher nicht übernommen werden. Eine individuelle rechtliche und steuerliche Beratung im Einzelfall wird daher empfohlen.

Dr. Sebastian HeßDr. Sebastian Heß, RA/FAStR/StB, ist im Stuttgarter Büro von GSK Stockmann + Kollegen Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft tätig. Schwerpunkte seiner Tätigkeit bilden die steuerrechtliche Strukturierung von Umwandlungen, Unternehmens- und Immobilientransaktionen, die internationalen und europäischen Aspekte des Ertragsteuer-, Umsatzsteuer-, Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts sowie die Besteuerung erneuerbarer Energien („Green Tax”).

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