24. Mai 2022

Business Angels Panel 79: Business Angels nehmen Energietechnik in den Fokus


Da Gas aus Russland ein Auslaufmodell ist – anders als der Dauerbrenner Nachhaltigkeit – setzen die Gründungsfinanzierer stark auf Energie- und Umwelttechnik. Viel Geld darf aber kaum ein Jungunternehmer erwarten.

Der Ukraine-Krieg hat wenig unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftstätigkeiten von informellen Risiko­kapitalgebern im deutschsprachigen Raum. Das zeigt das aktuelle Business Angels Panel. Gemäß der Umfrage interessiert sich nur jeder zweite Wagnis­finanzierer für Beteiligungen im Ausland. Und von denen schauen lediglich 17 % in Richtung Osten, wenn sie neue Deals suchen. Nur knapp 7 % können sich Investitionen in Start-ups aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion vorstellen.

Der Krieg in Europa geht aber natürlich nicht spurlos an den Geschäftsengeln vorbei. Jeder Dritte gibt an, dass der blutige Konflikt mittelbar sehr wohl einen Einfluss auf sein Engagement nimmt. Das zeigt sich auch an verschiedenen Stellen der Panel-Befragung. Besonders augenfällig ist das deutlich reduzierte Investitionsvolumen: Rechnerisch machte jeder der Teilnehmer im 1. Quartal des laufenden Jahres nur knapp 56 000 € locker. Zum Vergleich: Im Vorquartal waren es noch 86 000 €.

Mitverantwortlich dafür waren die potenziell Be­günstigten ein Stück weit selbst. Die Unternehmens­gründer verschickten jedenfalls relativ wenige Businesspläne: Jeder Panel-Teilnehmer fand im Durchschnitt nur noch 20 ausformulierte und durch­gerechnete Geschäftsideen in seinem Postfach. Im Vorquartal waren es noch über 30. Dementsprechend sank auch die Zahl der Beteiligungsgespräche. Jeder Business Angel führte nur rund zwei konkrete Ver­tragsverhandlungen – was fast einer Halbierung des Wertes aus dem 4. Quartal 2021 entspricht.

Gemessen daran ist die Zahl der neuen Beteiligungen noch relativ hoch: Knapp jeder zweite Befragte inves­tierte frisches Kapital, einige sogar mehrfach.

Bemerkenswert ist, wie klein das Budget der Panel-Teilnehmer aktuell ist: Sie gaben an, nur noch gut 30 % ihrer für Angel-Investitionen vorgesehenen Mittel frei verfügbar zu haben. Im Vorquartal waren es noch gut 40 %. Auch diese kräftige Verknappung des Geldes dürfte eine Folge des Ukraine-Kriegs sein. Hintergrund: Jede wirtschaftliche und geopolitische Unsicherheit macht Wagnisfinanzierer vorsichtig. Schließlich kann derzeit niemand verlässlich ab­schätzen, wie viel Liquidität bestehende Beteiligungen noch benötigen – bei einigen drohen Durststrecken, die es zu überwinden gilt. Verschärft wird die Situation durch das weiter wütende Coronavirus und die weltweit stockenden Lieferketten.

Potenzielle Gründer sollten trotzdem nicht den Kopf in den Sand stecken. Denn für wirklich gute Geschäfts­ideen finden sich immer Unterstützer. Beste Karten beim Rennen um Rat und Geld haben derzeit Umwelt­techniker, Softwareentwickler und Energieexperten. Letztere machten einen riesigen Sprung auf das Treppchen: Unter den Top-3 waren sie seit Jahren nicht, zuletzt belegten sie Platz 6. Weitere Branchen, in denen sich die Business Angels derzeit gerne engagieren sind Life Sciences, Industrieautomation, E-Business/Web-Services und Medizintechnik. Wenig Hoffnung hingegen darf sich der stationäre Einzel­handel machen. Er belegt – wie eigentlich immer – den letzten Platz im Beliebtheitsranking.

Überraschend positiv zeigt sich die Exitbilanz der Investoren. Die insgesamt 30 Panel-Teilnehmer mel­deten sieben Fälle, in denen sie ihre Anteile veräußern konnten: In je drei Fällen waren Finanz­investoren bzw. strategische Investoren die Ab­nehmer, einmal kauften die Gründer das Stück vom Kuchen zurück. Keine einzige Beteiligung musste liquidiert werden.

Und wie spiegeln sich all diese Zahlen und Umstände im Stimmungsbild der Wagniskapitalgeber wider? Ihre aktuelle Geschäftslage bewerteten sie mit 4,93 Punkten. Bei den Geschäftsaussichten reichte es immerhin für 5,03 Punkte. Beide Werte sind im Vergleich zum Vorquartal leicht rückläufig – was bei einem Blick in die Nachrichten aber auch niemanden verwundern kann. Bei der Bewertung reichte die Skala von 1 (=sehr schlecht) bis sieben (=sehr gut).

via VDI Nachrichten, sta